[...] josef taucher will wie immer hoch hinaus. sein reich ist nicht von unserer städtischen umwelt, es zieht ihn in die berge, ins gebirge, in die einsamkeit des hochgebirges, in dem er allein ist mit der natur, mit einer natur, die längst bäume, sträucher und wiesen hinter sich gelassen hat, in der es keine flußauen mit badenden menschen, keine felder und obstgärten gibt. die steinwüste des hochgebirges im kalten blau, in ihren so charakteristischen, harten, schrundigen, aufgesplitterten formen ist es, menschenleer und in der kälte dieser region, die er so nachdrücklich und von kontur bestimmt, vor uns entstehen lässt. der naturalismus mit seiner dokumentarischen wucht, das niederdrückende dieser so abweisenden gebirgsformen, dieses abbildende eingehen auf jede gesteinsform sollte uns nicht dazu verleiten, anzunehmen, dass ihr dokumentarischer wert so absolut gegeben sei. die kleine hochschwab-südwand, die im bild Abtragung XXXI vor uns erscheint, wer von uns kann sie denn auf ihre ähnlichkeit nachprüfen? wer erkennt sie schon wieder? und wer, durch dieses bild angeregt, wird sie anschauen gehen? hier hebt sich die dokumentation selbst auf, wird zu einer behauptung, deren bedeutung nicht in der wiedergabe der einzelformen der kleinen hochschwab-südwand liegt, und – ich hoffe, dass weder günter waldorf noch josef taucher mir böse sind, wenn ich sage: diese hochgebirgswelt ist nicht primär heimat, steirische heimat. die bilder sind eben nicht naturalistische abbildung der heimatlichen landschaft und irgendeine kulturelle dokumentation dieser, sondern taucher wird sie, woher immer, als eine antwort verstehen, auf unser leben in den städtischen schluchten und klüften, erfüllt von menschen, verkehr und geschäftigkeit, auf die bedrängung durch die viel zu vielen mitmenschen. tauchers hochgebirge sind die fluchtburgen seiner geistigkeit.
Skreiner, Wilfried, Josef Taucher. In: styrian artline. die steirische landschaft – maler der gegenwart sehen die steiermark. Ausstellungskatalog, neue galerie am landesmuseum joanneum (Hg.), steirischer herbst, Graz 1982, 44 S., hier S. 9.
Wilfried Skreiner (1927 -1994 ) für die internationale Positionierung österreichischer Künstler bedeutsamer Kunsthistoriker, Kurator, Universitätsprofessor, langjähriger Leiter der Neuen Galerie am Universalmuseum (vormals Landesmuseum) Joanneum Graz.